Das Thema Flughafentunnel ist im laufenden Wahlkampf für die Kommunalwahlen ein dankbares Objekt der gelebten Zuspitzung. Zu einer Vorortbefahrung mit dem Rad lud der Winfried Herrmann, seit 2011 Verkehrsminister der Landesregierung, nach Bernhausen ein. Neben den Vertreter:innen des Verkehrsministerium fanden auch Gemeinderät:innen und Bezirksbeirät:innen aus Stuttgart, Filderstadt, Leinfelden-Echterdingen, Birkach und auch Plieningen sowie OB Traub und die Bezirksvorsteherin von Plieningen/Birkach Andrea Lindel und interessierte Bürger:innen den Weg zur Filharomie.
Nach einleitenden Worten vom Minister radelten die etwa 60 Teilnehmer durch Bernhausen auf Nebenstraßen zum Tunnel. Dort wurde die Gruppe von der Vertretern der Landwirte empfangen, die dafür plädierten, dass alles so bleibt wie es ist und sie freie Fahrt für Ihre Landmaschinen haben. Nach einem Schreiben, dass ein findiger Landwirt aus der Tiefe der Archive gefischt hat, ist das seit 60 Jahren ihr verbrieftes Recht. In den vergangenen sechs Jahrzehnten haben sich allerdings die Sicherheitsvorschriften für Tunnel massiv geändert, genauso wie die Dimensionen und Fähigkeiten landwirtschaftlicher Maschinen.
Die Kunst des Kompromisses …
Es ist Aufgabe der Politik, die vielfältigen Interessen aufzunehmen und auszutarieren. Neben den Landwirten wollen
hier Pendler, Gewerbetreibende aus Stuttgart und dem Filderraum, Ladenbesitzer und deren Kunden, die Logistiker am Flughafen, (…) und natürlich Radfahrer:innen und Fußgänger:innen gehört werden.
Ein Kompromiss muss die Lösung sein, so Herrmann.
Allein die unvollständige Auflistung der Interessensliste zeigt, vor welcher Herkulesaufgabe das Radbündnis gerade steht. Evelyn Sindermann betonte, dass der Tunnel Plieningen und Bernhausen verbinden sollte. Dieser Funktion käme die aktuelle Regelung nur sehr unzureichend nach: Autobahn und Flughafen stellten eine massive Barriere dar. Der Flughafentunnel ist ein Relikt der automobilen Gesellschaft der 1960er Jahre. Der Tunnel hat eine Fahrbahn und einen Notsteg für Evakuierungen. Diesen freizugeben, war ein Notbehelf, um Radfahrer:innen die lebensgefährliche Querung auf der Fahrbahn zu ersparen. Die Situation war aber von Beginn an unzumutbar.
Das sieht auch das Verkehrsministerium so. Passiert ist jedoch nichts. Der Ortstermin ist zumindest ein Anfang.
Dort bereitete der Minister insbesondere die Vertreter des Radbündnisses auf mögliche Kompromisse vor. Das Verkehrsministerium prüft demnach im Zuge der Realisierung des Radschnellwegs nach Bernhausen intensiv eine östliche Umfahrung des Flughafens. Dann wäre der Flughafentunnel ausschließlich für Motorfahrzeuge geöffnet. Alle übrigen Verkehrsteilnehmer:innen müssten sich dauerhaft mit deutlich längeren, oft auch verschmutzten Feldwegen arrangieren.
… aber nicht auf Kosten der Radmobilität
Das Radbündnis Filder sieht sehrwohl die Notwendigkeit, Interessen auszuloten und zu einem, für alle tragfähigen Kompromiss zu gelangen. Die dauerhafte Umfahrung des Flughafens auf den stark landwirtschaftlich genutzten Feldwegen ist jedoch nicht tragbar.
Sie zementiert die Priorisierung auf den motorisierten Verkehr und steht auch im Gegensatz zu den Zielen der Landesregierung bis 2040 klimaneutral zu sein.
Wir plädieren vehement dafür, den Tunnel zeitgemäß als verbindendes Element für Alle umzugestalten. Dafür muss eine bestehende Fahrspur für nicht motorisierte und langsame Verkehrsteilnehmer:innen umgewidmet werden. Dies ist die in unseren Augen maximal inklusive und ökonomischste Variante.