Verkehrsminister Winfried Hermann will die Zufahrt in Richtung Stuttgart-Plieningen sperren, um die Situation für Radfahrer rund um den Airport zu verbessern. Mehr als 13 000 Fahrzeuge am Tag müssten auf Alternativrouten ausweichen.
Von Alexander Müller, Esslinger Zeitung
Filderstadt, 21.Januar 2014. Seit dem Ausbau des Stuttgarter Flughafens Anfang der 1960er Jahre durchschneidet die Landebahn die Filderebene. Seitdem müssen Radfahrer auf dem Weg zwischen Filderstadt-Bernhausen und dem Stuttgarter Stadtbezirk Plieningen den Flughafen queren. Doch die Nutzung der Fahrbahn im dortigen Straßentunnel ist für sie verboten, der parallele Weg so schmal, dass keine zwei Fahrräder aneinander vorbeikommen. Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) will die Situation nun verbessern. Eine in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie sieht eine Sperrung für den Autoverkehr in nördlicher Richtung vor. Die zu erwartende Mehrbelastung auf den Ausweichstrecken halte sich aus seiner Sicht in Grenzen.
Die „Blockade“ durch den rund fünf Kilometer langen Flughafen ist dem Verkehrsminister seit Jahren ein Dorn im Auge. Dass ein Bedarf vorhanden ist, belegten die Zahlen: Rund 4800 Radfahrer am Tag wurden gezählt, fast die höchste Zahl in Baden-Württemberg. Als Alternativen zum ungeliebten Engpass im Tunnel mit nur rund einem Meter Breite stehen lediglich zwei sechs oder acht Kilometer lange Umwege rund um den Flughafen zur Verfügung.
Das soll sich nun ändern. Die im Vorfeld vom Regierungspräsidium untersuchte Möglichkeit eines eigenen Radtunnels wurde angesichts der avisierten Kosten von bis zu 100 Millionen Euro verworfen. Auch für eine Wegeführung über einen eigenen Rettungsstollen unterhalb der Fahrbahn wäre aufgrund der enormen Tiefe auf der Stuttgarter Seite eine Spindel nötig, damit die Radfahrer wieder ans Tageslicht kommen. Für die Fußgänger müsste ein Aufzug installiert werden. Als Lösung soll daher eine Teilsperrung für den Autoverkehr sorgen. Dabei kommt Hermann die anstehende Sanierung der Sicherheitstechnik des 1986 im Zuge der Flughafenerweiterung auf 500 Meter ausgebauten Tunnels entgegen. „So können wir zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.“
Die Studie sieht eine einseitige Sperrung des Flughafentunnels für den Autoverkehr in Fahrtrichtung Plieningen vor. Der Busverkehr als auch Rettungsfahrzeuge sollen über eine Ampellösung aber weiter in beide Richtungen verkehren können. „Die Pause für die Autofahrer beträgt lediglich 90 Sekunden“, sagt Hermann. Eine solche Lösung auch für den Individualverkehr anzubieten, käme jedoch nicht in Frage. Die Folge wären laut der Studie lange Staus. Vor allem für den Ortskern Bernhausen würde dies eine deutliche Mehrbelastung bedeuten.
Vielmehr würde durch die teilweise Sperrung des Tunnels sogar eine Entlastung eintreten und die Zahl der heute täglich knapp 20 000 Fahrzeuge grob halbiert. Dies seien aber vorläufige Zahlen, da man noch auf die Verkehrserhebungen des Bundes warte. Eine deutliche Zunahme an Fahrzeugen wird vor allem in Richtung Echterdingen erwartet – von mehr als 6000 Fahrzeugen am Tag. Eine aus Sicht von Hermann bewusste Entscheidung. Denn bereits seit längerem habe die B 312 ihre übergeordnete verkehrliche Bedeutung verloren. Ein Vollanschluss an die A 8 ist in Plieningen nicht gegeben. Eine Zufahrt auf die Autobahn ist lediglich in Richtung Karlsruhe möglich, hingegen müssen Autofahrer, die in Richtung München wollen, bereits jetzt einen alternativen Weg nehmen. Seit Längerem laufen daher Verhandlungen zwischen Land und Bund hinsichtlich einer Abstufung von der Bundesstraße zu einer reinen Landesstraße.
Zusätzlich setzt Hermann auf den Ausbau der B 27. Im Bundesverkehrswegeplan ist die Erweiterung auf sechs Spuren vorgesehen, insbesondere auf dem stark belasteten Abschnitt zwischen dem Anschluss Leinfelden/Echterdingen und Echterdinger Ei. „Auf jeden Fall sollen die beiden Projekte zeitversetzt ausgeführt werden“, betonte Hermann, um einen völligen Kollaps zu verhindern.
Schließlich geht man von einer Bauzeit am Flughafentunnel von rund einem Jahr aus. Bei einem reibungslosen Planungsverlauf wäre es 2025 oder 2026 soweit. Die Kosten für den Umbau des Tunnels lägen im niedrigen einstelligen Millionenbereich. Bis Herbst sollen laut Hermann die angrenzenden Kommunen informiert werden, wohlwissend dass die Pläne auf Gegenwehr treffen könnten. „Wir werden aber auf jeden Fall versuchen, einen Konsens zu finden.“
Der derzeitige Zustand des Flughafentunnels entspricht nicht mehr den aktuellen Sicherheitsbestimmungen und es besteht dringender Handlungsbedarf. Für Alle, die dieses Nadelöhr nutzen, ob Fußgänger*innen, Radfahrende; ÖPNV oder Auto, ist die Durchfahrt eine echte Herausforderung, gefährlich und zum Teil gesundheitsgefährdend. Nun kommt endlich Bewegung in die Situation am Flughafentunnel.